Jul 28 2016
Hochtouren am Geigenkamm zwischen Ötztal und Pitztal / Mainzer Höhenweg + Hohe Geige
Seit Wochen überquert ein Tief nach dem anderen Mitteleuropa und somit auch die Alpen. Wieder stellt sich die für Bergsteiger spannende Frage wie das Wetter und die Verhältnisse so werden. Das frage ich mich natürlich auch vor unserer geplanten Bergtour im Pitztal im Juli 2016.
16.07.16:
Es ist es endlich soweit. Meine Teilnehmer Jochen und Stefan reisten aus Lahr an, Ulrich und ich fuhren von der Südpfalz los. Treffpunkt ist Plangeroß im Pitztal, von wo aus wir zur herrlich gelegenen Rüsselsheimer Hütte, 2.323 m aufstiegen.
Es war etwas stürmisch, die Reste eines Tiefausläufers zogen gerade ab, die wieder mal viel Regen und oben in den Bergen auch wieder Schneefälle brachten.
Absteigende Bergsteiger berichten, dass in den letzten Tagen wegen der oben winterlichen Verhältnisse niemand auf den Hausberg, die Hohe Geige stieg, auch der Mainzer Höhenweg wurde nicht begangen, am Weißmaurachjoch sind alle Aspiranten umgedreht.
Dennoch war ich vorsichtig optimistisch, denn der Wetterbericht hatte uns brauchbares Bergwetter vorhergesagt.
Die Rüsselsheimer Hütte (vormals Chemnitzer Hütte) ist urgemütlich, neu renoviert, dass Hüttenteam ausgesprochen nett und die Verpflegung hervorragend. Ob Steinbockgulasch, div. Knödelvarianten, Weizen oder Radler, alles schmeckte hervorragend.
17.07.16:
Derart gut gestärkt gingen wir dann die Hohe Geige an. Der höchste Gipfel des Geigenkamms liegt genau an der Grenze zwischen Ötztal und Pitztal. Wir wollten den Gipfel über den Westgrat (II) besteigen, der ist zwar etwas anspruchsvoller als der Normalweg, aber auch deutlich sicherer.
Nach ca. 45 Minuten erreichten wir den schönen Aussichtspunkt Gahwinden, 2649 m. Hier beginnt der Westgrat. Das Wetter ist nicht ganz so gut wie gemeldet, aber ganz ordentlich. Über den schneebedeckten Blockgrat stiegen seilfrei wir auf die Hohe Geige, 3395 m. Abstieg wie Aufstieg.
18.07.16:
Der Mainzer Höhenweg stand auf dem Plan, und die Tourenbeschreibung war ganz nach meinem Geschmack! Dabei ist die Bezeichnung „Weg“ absolut irreführend! Der schöne und einsame Weg führt über fünf Dreitausender sowie drei Gletscher, verlangt absolute Trittsicherheit im Schrofengelände, Beherrschung des II. Klettergrades, einen guten Orientierungssinn und eine gute Ausdauer. Selbst bei besten Verhältnissen ist für die Strecke von der Rüsselsheimer zur Braunschweiger Hütte eine Mindestgehzeit von 10 Stunden erforderlich. Viele Bergsteiger teilen die Tour auf und übernachten auf dem Grat im „Rheinland Pfalz“-Biwak.
Der Weg wurde, wegen der schlechten Bedingungen seit einiger Zeit nicht mehr begangen, gestern gelang einem Bergsteiger nun die halbe Strecke. Er meldete sich am Abend telefonisch auf der Hütte, nachdem er über den „Notabstieg“ kurz vor dem Wasserfallkogel ins Tal abgestiegen war. Wir mussten uns also auf viel Schnee und Spuren einstellen….
Über steile Geröllflanken und ein Schneefeld stiegen wir hoch zum Weismaurachjoch, 2.923 m. Schöne Tiefblicke ins Ötz- und Pitztal, zum Kaunergrat und zum Stubaier Hauptkamm.
Kurzer Aufstieg über den Nordostgrat des Puitkogels, dann Abstieg zum Nördl. Puitkogelferner, der dann gequert wird.
Eine Seilversicherte steile Rinne führt zum Südl. Puitkogelferner, der dann in einem weiten Bogen ebenfalls gequert wird. Über das ostseitige Firnfeld des Sonnenkogels geht es schließlich hinauf auf den Grat zwischen Sonnenkogel und Wassertalkogel. Dem Grat folgend erreichen wir schließlich den höchsten Punkt des Mainzer Höhenweges, den Wassertalkogel 3.247 m, mit dem markanten Rheinland-Pfalz Biwak am Gipfel, dass 12 Personen Platz bietet. Zum Greifen nah von hier erscheint Österreichs zweithöchster Berg, die Wildspitze, bereits 1988 und 2004 stand ich auf dem schönen Gipfel.
Am Grat geht es nun im stetigen Auf und Ab nach Süden entlang des Geigenkamms, zunächst über den Geschrappkogel (3197 m), Wilde Mannle (3019 m) zum Wurmsitzkogel 3078 m).
Über das Südl. Pollesjoch gelangen wir in die Silbergrube. Abschließend führt noch mal eine steile Schneeflanke (die Drahtseile am Fels sind unterm Schnee verborgen und ragen nur selten durch die Schneedecke) zu einem Grat östlich des Karleskopfes. Nun war die Tour im Sack. Über den Franz Auer Steig gelangen wir schließlich zur bereits sichtbaren Braunschweiger Hütte, 2759 m.
Die Weizen und das Abendessen schmeckten herrlich nach dieser gelungenen Tour.
Die schöne Hütte ist gut geführt, das Personal stets freundlich und hat einen guten Service. Riesen Kompliment an das Hüttenpersonal, wie es den riesigen Trubel (die Hütte liegt am E5 Fernwanderweg Oberstdorf – Meran) hier oben meistert. Was für ein Kontrast zum ruhigen Mainzer Höhenweg….
19.07.16
Abstieg nach Mittelberg, 1740 m
Kurze Zeit später, bei herrlichem Sonnenschein sitzen Jochen, Ulrich, Stefan und ich noch einmal zum Abschlussbierchen zusammen und freuen uns über die gelungene Bergtour. Vielen Dank an alle, hat Spaß mit euch gemacht!
PS:
Nachdem Jochen und Stefan abgefahren sind liefen Ulrich und ich erst mal durch die örtliche Kneippanlage. Was für eine Wohltat für die strapazierten Füße! Eigentlich wollten Uli und ich im Anschluss noch in die Bernina.
Nach kurzem Brainstorming kamen wir jedoch zur Erkenntnis, dass uns eher nach Kaiserschmarrn und Weizenbier statt nach harter Bergtour zu Mute war, man muss es ja nicht übertreiben.
So nahmen wir in Mandarfen die Gondelbahn und fuhren gelenkschonend und gemütlich hoch zum Riffelsee. Der Rest des Nachmittags war Erholung, übernachtet haben wir schließlich auf der schön gelegenen Riffelseehütte.
Am nächsten Tag wanderten wir schließlich auf dem schönen Cottbusser Höhenweg Richtung Watzespitze/ Kaunergrathütte, anschließend Abstieg ins Tal und Schweiß abwaschen im „Die Pfitze“ Fluss. Auch für uns stand nun die Heimfahrt auf dem Programm, beim schönstem Sommerwetter und dem bisher heißesten Tag des Jahres. Es kümmerte uns auch wenig, dass für den nächsten Tag wieder Regenfälle angekündigt waren….
Michael Mühe, FÜL Hochtouren
5 Kommentare
Wunderschoene Tour und tolles Wetter.
Nur mit dem Orangenradler bin ich nicht so ganz einverstanden. 😉
Danke, Michael & team!
Hallo Michael und Mitkletterer,
vielen Dank für den tollen Bericht!
So werden Berge lebendig. Und Leser neugierig….
Liebe Grüße in die Pfalz
Reinhold
Ich schließe mich Ulrich voll und ganz an – bin dann selbst schnell von „Orangenradler“ auf Bier umgestiegen … 🙂
Der teils schneebedeckte Blockgrat auf die Hohe Geige war schon eine interessante Tour und der Mainzer Höhenweg bei bestem Wetter und den anspruchsvollen Verhältnissen ein echtes Erlebnis !
Dank an Michael für die Planung und Führung und viele Grüße an die Kollegen. Gerne wieder mal !
Jochen
Hallo wäre gerne auf Deine Einladung dabei gewessen, schöne Bilder, denke nächstes Jahr beizeite einen Termin für die nächste Bergtour mir zu senden dass ich Urlaub eintragen kann, gruss aus Pirmasens Norbert.
Toller Bericht Michael, ich glaube bis ich mal so ne tolle Tour wie diese mit euch gehen kann muss ich noch etwas üben 😉
Am Wochenende waren wir übrigens an der Zugspitze!
Gruß Nichte