Dez 08 2008

Klettersteigwoche in den Dolomiten – 06.09.–13.09.2008

Geschrieben von um 23:10 unter Allgemein,Tourenberichte

Man könnte sich trefflich streiten, wo denn die Dolomiten am Schönsten sind. Diplomatisch kann man sagen, dass jedes Dolomitental seinen besonderen Reiz und seine alpinistischen Besonderheiten hat. Deshalb ist es am Besten, wenn man nach und nach alle Täler erkundet, um sich ein eigenes Bild von den Schönheiten dieses „Weißen Gebirges“ zu machen.

Mit unserem Dolomitenkenner Rudi Rietz hatte eine bewährte Truppe der Alpenvereinssektion Lahr die Gelegenheit, diese These seit 1999 jährlich zu überprüfen. Und diejenigen, die all die Jahre dabei waren, können sie auch tatsächlich bestätigen.

Dieses Jahr hatten wir zum zweiten Mal Tiers am Rosengarten (1.100 m) zum Ausgangspunkt unserer Tagestouren gewählt. Zum einen, weil das Panorama der Vajolettürme und der Rosengartenspitze so beeindruckend sind und zum anderen, weil man von hier aus relativ schnell zahlreiche Klettersteige erreichen kann.

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Mit Rudi (ganz links) waren dieses Jahr Volker, Ludwig, Ottmar, Adelheid, Willi und Norbert (Fotograf) dabei.

Wegen des unbeständigen Wetters war am ersten Tourentag (7. September) die Begehung eines Klettersteiges ausgeschlossen, deshalb wanderten wir lediglich über die Völseckspitze zur Tschafonhütte (1.737 m).

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Vor der Hütte fanden wir die untrügerischen Zeichen, dass wir im Land der Holzschnitzer angekommen waren.

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Nach der Mittagsrast schöpften wir nochmals Hoffnung auf einen trockenen Nachmittag, weshalb wir uns kurzfristig entschlossen, weiter zur Hammerwand (2.161 m) auf- und über das Bärenloch wieder nach Tiers anzusteigen.

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Kaum waren wir am Wahrzeichen dieser steilen Klamm vorbeikommen, erwischte uns ein doch noch ein kurzer heftiger Regenschauer. Doch schon bald konnten wir die Regensachen wieder verstauen und trocken den weiteren Rückweg antreten. Hungrig langten wir wieder in unserem Hotel Patissenhof an und ließen uns wie all die weiteren Tage von der Gastfamilie Robatscher regelrecht verwöhnen. Dieses Hotel können wir allen Bergfreunden, die nach Tiers wollen, aufs Wärmste empfehlen.

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2. Tourentag: 08.09.2008 – Rotwand- und Massareklettersteig

Das Warten auf unsere ersten beiden Klettersteige, die wir gleich zu Beginn bewältigen wollten, hatte sich gelohnt. Bei herrlichem Herbstwetter fuhren wir zunächst in Richtung Karerpass (1.758 m), um mit dem Paolinalift einige Höhenmeter zu gewinnen. Tief beeindruckend ragten bei der Gondelfahrt die Rotwand (links) und die Massarespitzen unmittelbar über uns in den Morgenhimmel.

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Faszinierend ist in den Dolomiten auch immer wieder, wie nah die einzelnen, eigenständigen Gebirgsgruppen nebeneinander stehen. So konnten wir nach Verlassen des Liftes (2.127 m) die Latemargruppe hinter uns bewundern.

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Nach einer starken Stunde Aufstieg in den Vajolonpass (2.560 m) war es endlich so weit: wir konnten erstmals unsere Sicherheitsausrüstung, bestehend aus einem Kletterhelm und einem Y-Klettersteigset, anlegen. In leichter Kletterei gewannen wir rasch an Höhe und genossen die ersten Tiefblicke hinter zum Vajolonsattel.

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Und nach 25 weiteren Minuten standen wir auf unserem ersten Gipfel dieser Woche, der 2.806 m hohen Rotwand.

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Vor 1 ½ Stunden hatten wir noch andachtsvoll unsere Köpfe in die Nacken gelegt, um unsere Blicke über die 500 m hohe Westwand zum Gipfel hinauf schweifen zu lassen. Man staunt immer wieder, welche Ziele man zu fuß in so kurzer Zeit erreichen kann!!

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In spannender Erwartung des zweiten Klettersteiges stiegen wir zunächst 300 m ab und bezwangen dann eine kurze, luftige Querpassage, um dann endlich den Massareklettersteig vor uns liegen zu sehen.

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Dieser Eisenweg ist erheblich anspruchsvoller als der Rotwandsteig und erfordert ständige Konzentration. Und dennoch genossen wir das Auf und Ab über die zahlreichen Massarespitzen (2.723 m).

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Beim Abstieg zur Rotwandhütte (2.283 m) konnten wir andere Kletterer dabei beobachten, wie sie die einzelnen Gratzacken bewältigten. Die Klettersteigbauer hatten ihr Bestes zu geben, die Wildheit dieses Gebirgskammes in „Ketten zu legen“.

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Bei einem zünftigen Vesper konnten wir nochmals den Tag Revue passieren lassen und das einmalige Hüttenpanorama mit den Orgelpfeifen der Tscheinerspitzen genießen.

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Auf dem Rückweg zum Paolinalift zeigten uns Gleitschirmflieger, wie sie es genossen, die Bergwelt um die Rotwandspitze auf ihre Weise zu erobern.

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3. Tourentag: 09.09.2008 – Kesselkogelüberschreitung

Leider waren über Nacht einige Teilnehmer erkrankt, so dass nur noch Adelheid, Ludwig und Norbert die lange Kesselkogelüberschreitung in Angriff nehmen konnten. Wir fuhren über den Karerpass hinunter nach Vigo di Fasa (1.382 m), von wo uns die Gondel zur Bergstation Ciampedie (1.998 m) brachte. Beim Anmarsch zum Antemoiapass (2.779 m) durch das herrliche Hochtal unterhalb der Vajoletttürme begleiteten uns zunächst noch Ottmar und Willi, die es dann vorzogen gemächlich zurück zu wandern.

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Für die Überschreitung des gewaltigen 3.004 m hohen Kesselkogelmassives benötigten wir dann fast 2 Stunden.

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Aufgrund der sehr guten Drahtseilsicherung kamen wir dabei zügig voran.

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Der Kesselkogel ist rundum der höchste, dehalb ist das Gipfelpanorama auch gewaltiger wie auf niedereren Bergen. So lagen nun die Rosengartenspitze und die Vajoletttürme weit unter uns.

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Beim Rückmarsch zur Bergstation wurde uns erst richtig bewusst, wie steil der Aufstieg bei der Mittagshitze gewesen war. Doch mit beständigem Bergschritt war uns dies relativ leicht gefallen.

4. Tourentag: 10.09.2008 – Santer-Pass-Klettersteig

Nachdem nun auch noch ein weiterer Teilnehmer erkrankt war, war für den vierten Klettersteigtag nur eine Erholungstour mit gerade mal 400 Höhenmetern angesagt.

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Ein fotogener Sonnenaufgang hatte schon unser Tagesziel in ein imposantes Licht gestellt, denn wir wollten über den Santner-Pass-Klettersteig zur gleichnamigen Hütte (2.734 m) aufsteigen, um die Vajoletttürme aus nächster Nähe und von oben zu bewundern und zu fotografieren. Waren wir am Tag zuvor doch tief unter ihnen hindurch zum Kesselkogel aufgestiegen.

Von der Kölner-Hütte (2.339 m), wohin uns der Sessellift gebracht hatte, bis zum Santnerpass benötigt man im Auf- und Abstieg jeweils 2 Stunden, da der sehr leichte Steig ständig durch viele unerfahrene Wanderer überlaufen ist.

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Dadurch ließen wir uns aber nicht stören, um dann zum einen die drei berühmten Felszacken des Delago- Stabeler und Winklerturmes und zum anderen das dahinter liegende Kesselkogelmassiv, das wir am Tag zuvor bestiegen hatten, aus dieser Perspektive zu genießen.

5. Tourentag: 11.09.2008 – Marmolada

Glücklichweise waren für unser Hauptunternehmen wieder alle Kranken so weit hergestellt, so dass sie mitgehen konnten, denn zum Abschluss unserer Klettersteigwoche stand der höchste Gipfel der Dolomiten auf dem Programm: die 3.342 m hohe Marmolada. Das Schicksal hatte uns vor zwei Jahren bereits schon einmal einen Streich gespielt, denn ebenfalls wegen einer Durchfallserkrankung hatten wir es nicht geschafft, schon damals diesen Kulminationspunkt zu besteigen – daher kommt wohl auch die Sinnhaftigkeit des Ausspruchs von der „Ironie des Schicksals“.

Über eine Stunde dauerte die Anfahrt zum Fedaiasee (2.053 m) und eine weitere halbe Stunde benötigten wir für die abenteuerliche Fahrt mit der Zweier-Stehgondel bis hinauf zur Fiacconi-Hütte (2.625 m).

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Nach einem leider erforderlichen Abstieg von 200 Höhenmetern gelangten wir an die Reste des Gletschers unterhalb des Westgrates und waren gezwungen, für den Aufstieg bis zum Einstieg in den Klettersteig die Steigeisen anzulegen.

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Direkt an der Marmoladascharte (2.910 m), über die man ins Contrintal absteigen kann, begann dann das Abenteuer, über den sehr steilen Westgrat-Klettersteig, der jedoch sehr gut durch Drahtseile und Eisenkrampen abgesichert ist, den Hauptgipfel des Marmoladamassives, die Punta Penia (3.342 m), zu besteigen.

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Eine sehr große spanische Gruppe vor uns zwang uns des Öfteren zu einer Ruhepause, die man jedoch in dieser großen Höhe immer wieder vertragen kann.

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Die letzen 150 Höhenmeter verlaufen dann über einen schwach ansteigenden Gipfelgrat, so dass man bereits wieder erholt am Gipfelkreuz anlangt und sofort die herrliche Aussicht genießen kann.

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Der Abstieg zunächst über eine steile Felsrampe und dann über die dürftigen Reste des einst mächtigen Marmoladagletschers wurde uns mehr durch die große Anzahl der relativ unerfahrenen Gipfelaspiranten als durch seine Schwierigkeiten erschwert.

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Aber dennoch waren alle froh, als wir nach der insgesamt 6stündigen Tour, bei der es zudem 1000 Höhenmeter in schwierigem Gelände zu überwinden galt, die Steigeisen wieder abschnallen und mit dem Gondellift wieder zu unserem Auto schweben konnten.

Trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigungen hatten wir in dieser Woche fünf fantastische Touren durchführen und dabei insgesamt fast genau 5000 Höhenmeter bewältigen können. Der Dank der Truppe galt Rudi, der die tollen Touren ausgesucht hatte, und Norbert, der Rudi während seiner zwei Ausfallstage würdevoll als Tourenführer vertreten hat.

6. Tag: 12.09.2008 – Kulturausflug nach Bozen

Zum Ausklang der Woche genossen wir einen erholsamen Tag in Bozen, an dem wir die berühmten Lauben und den Obstmarkt erkunden konnten.

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Selbstverständlich statteten wir auch dem derzeit berühmtesten Alpinisten der Gegend einen Besuch ab, auch wenn er nur noch im Museum zu besichtigen ist, denn „Ötzi“ hat seine letzte Bergtour vor ca. 5.300 Jahren leider nicht überlebt. 1991 war seine mumifizierte Leiche am Hauslabjoch in den Ötztaler Alpen gefunden worden, die nun im Südtiroler Achäologiemuseum ausgestellt ist.

Wenn man sich in Südtirol befindet, wird man zwangsläufig auch immer wieder mit der Geschichte der Zwangseingliederung nach Italien konfrontiert. Höhepunkt der Erniedrigung der ehemals österreichischen Bevölkerung war die Errichtung des Siegesdenkmales im Jahr 1928 durch Mussolini.

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Denn durch seine Inschrift, dass man Sprache und Kultur in diese Alpenregion gebracht hatte, wurde die Südtiroler Bevölkerung geradezu verhöhnt. Da hilft auch nicht die folgende Inschrift, die Tragik zu verstehen, warum dieses Denkmal als eines der letzten Monumente aus der Zeit des Faschismus nicht schon längst abgetragen wurde.

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Bericht von Norbert Klein, Fotos von Volker Dönges und Norbert Klein

Ein Kommentar

Ein Kommentar to “Klettersteigwoche in den Dolomiten – 06.09.–13.09.2008”

  1. Stephan Brings sagt:

    Hallo, tolle fotos und noch toller dass ihr das mit dem Monoment da in Bozen reingenommen habt.
    vor allem die Tafel der Stadt. so eine klare Ansage hätte ich in Südtirol gar nicht von offizieller Seite erwartet.
    Gruss aus köln, Stephan

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