Feb 15 2009
Alpiner Grundkurs Eis im Ötztal – 2008
Bericht von Michael Mühe
Nachdem meine Kursteilnehmer beim letzten Eiskurs 2006 im Stubaital von Kaiserwetter verwöhnt wurden, mussten wir uns diesmal auf wechselhaftes Wetter mit einem Gemisch aus Sonne, Nebel, und Schneefall einstellen. Nach den positiven Erfahrungen vom letzten Kurs wollte ich auch diesmal wieder mehrere Stützpunkte in diese Ausbildungswoche einbeziehen, um durch einen größeren Aktionsradius mehr Variations- und Auswahlmöglichkeiten bezüglich des Ausbildungsgeländes zu haben.
21.07.08
Alle Besprechungen waren gelaufen, die Rucksäcke gepackt, der Wetterbericht zum letzten Mal eingeholt und dann ging’s los. In gespannter Erwartung fuhr ich mit meinen Teilnehmern Anna Haag, Anton Gehring, Daniel Schwill, Stefan Münchbach, Sybille Leonhard und Joachim Vögele in den Talschluss des Ötztales, nach Vent (1895 m).
Über die Rofenhöfe stiegen wir auf einem markierten Pfad ins Rofental. Bereits nach einer halben Stunde geht es die rechte Talflanke hinauf und man erreicht das Vernagttal, einem Seitental des Rofentals. Bei der Passage dieses Wegstücks sollte man sich vor Augen führen, dass der weit hinten im Tal liegende Vernagtferner vor nicht einmal 140 Jahren bis ins Rofental herunterreichte und dort die Rofenache staute!
Über einen steilen Moränenhang erreichen wir schließlich die Vernagthütte (2.755 m), wo wir es uns erst mal gemütlich machen.
Nach dem Abendessen steht noch Materialkunde auf dem Programm, wann setze ich welche Seile ein, Eigenschaften und Haltekräfte von Seilen, Reepschnüren, Schlingen, Karabinern, Klemmkeilen u. s. w.
Vor der Vernagthütte
22.07.08
Beim Aufstieg zum großen Vernagtferner ist es recht frisch bei leichtem Schneefall, der jedoch bald aufhört. Während wir den ganzen Tag verschiedene Gehtechniken, Knoten, Stufenschlagen, Anseilmethoden und das Begehen von aperen und verschneiten Gletschern üben haben wir den ganzen Gletscher für uns allein.
Abends wenden wir uns noch mal der Theorie zu und widmen uns etwas der Tourenplanung, den alpinen Gefahren und der Orientierung.
23.07.08
Am Vormittag stand eine Ausbildungstour zur Hochvernagtspitze auf dem Programm. Wieder hatten wir den Gletscher für uns alleine, nachdem wir 2 Bergsteigern noch den groben Wegverlauf nach rechts Richtung Wildspitze zeigten. Das Wetter war leider nicht so toll und so tauchten wir ab etwa 3.200 m in eine dichte Nebelsuppe ein. Auf einem breiten, flachen Plateau vor den Gipfelfelsen war vorsichtiges Steigen und Orientieren angesagt um im Nebel nicht in eine Gletscherspalte zu fallen (das Bergen hatten wir schließlich noch nicht geübt), und den richtigen Weiterweg zu finden. Die letzten steileren Meter über die Gipfelfelsen waren dann auch kein Hindernisse mehr und wir erreichten den höchsten Punkt der Hochvernagtspitze (3.535 m). Normalerweise ein super Aussichtsberg, heute leider ohne Sicht, schade!
Nachdem wir im Abstieg wieder aus der Nebelsuppe auskamen konnten wir den Nachmittag noch voll nutzen. Wir bauten Standplätze im Eis, bauten eine Abalakov-Eissanduhr, beginnen Fixseile und hatten viel Spaß beim gewollten Abrutschen am Steilhang und dem Abbremsen von Stürzen.
Im Nebel auf der Hochvernagtspitze
„Stürze“ und Bremsversuche
24.07.08
Endlich wird das Wetter besser. Heute steht neben einer Ausbildungstour auf den Fluchtkogel auch der Hüttenwechsel auf das Brandenburger Haus auf dem Programm. Landschaftlich bietet die Tour herrliche Ausblicke auf die nahen Ötztaler Gipfel wie Weißkugel oder Wildspitze, auf die ferneren Gipfel der Ortlergruppe sowie einen wunderschönen Tiefblick auf die geschwungene Gletscherzunge des Gepatschferners. Über eine Moräne erreichen wir den Guslarferner über den gelangen wir unschwierig in das Guslarjoch. Zum Gipfel des 3.497 m hohen Fluchtkogels kommen wir schließlich über einen leichten Firngrat.
Wieder zurück am Guslarjoch genießen wir bei herrlichem Sonnenschein unser Vesper und das schöne Panorama, bevor wir uns dem nächsten wichtigen Thema zuwenden. Eine etwas steilere Stelle des Guslarjochs nutzen wir aus um in die Thematik der Spaltenbergung einzusteigen. Wir haben genügend Zeit um Mannschaftszug, Spaltenbergung mit loser Rolle sowie die Selbstrettung zu üben. Über den flachen Kesselwandferner wandern wir zum Brandenburger Haus, der mit 3.272 m höchstgelegenen Ötztaler Hütte.
Aufstieg zum Fluchtkogel
Am Fluchtkogelgipfel bei super Wetter (von links: Michael, Sybille, Anna, Stefan, Anton und Joachim)
Stefan bei der Spaltenbergung
Anna ist wieder fast oben
25.07.08
Die Wetteraussichten bleiben gut, wir haben uns mittlerweile gut akklimatisiert und haben viele Techniken geübt. Zeit für den Wochenhöhepunkt! Ich hatte eine Besteigung auf den zweithöchsten Ötztaler Berg, die Weißkugel geplant, mit anschließendem Abstieg zum Hochjochhospiz. Mir war klar, dass die Tour sehr lang und für Grundkursteilnehmer ziemlich anspruchsvoll ist. Heute blieb keine Zeit für viel Ausbildung, dafür war die Tour zu lang. Super Wetter und Bedingungen, gut vorher geübt, auf geht´s.
Über den flachen, Gepatschferner stiegen wir, nur langsam an Höhe verlierend ab bis zum Punkt 3.065 m. Weiter ging’s hinunter über eine steile, z. T. versicherte Felsstufe bis wir auf 2.900 m den Langtauferer Gletscher erreichten. Jetzt ging es wieder aufwärts. Man linken Gletscherrand, hier waren die wenigsten Spalten, ging’s hinauf zum Weiskugeljoch auf 3.362 m, Mittagspause! Nochmals kurz sammeln dann steigen wir schräg an bis wir schließlich das letzte Drittel des herrlich geschwungenen Nordgrates erreichten. Am Grat herrschten gute Bedingungen, die steilsten Stellen waren mit 45° machbar und nur ein paar Meter Ier Kletterstellen im kombiniertem Gelände waren zu überwinden. Aber jetzt wurde es dann doch zähflüssiger als von mir erwartet. Aus Gründen der Sicherheit musste ich jetzt den kompletten Gratabschnitt (ca. 8 x 50 m Seillängen) mit Fixseilen versichern! Das hat viel Zeit gekostet, war aber notwendig, nachdem 2 Teilnehmer Probleme mit ihrer Psyche bekamen. Die Schwierigkeiten wurden gemeistert, der 3.739 m hohen Gipfel erreicht.
Aber rechte Freude wollte nicht aufkommen, denn der Rückweg erst über den Normalweg über die Südostflanke, und den schier endlos langen Hatscher über den Hintereisferner war noch sehr weit. Es ist bereits dunkel als wir das 2.413 m hohe Hochjochhospiz erreichen. Freundlicherweise bekommen wir noch ein Abendessen, und 2 Weizenbier laufen schnell durch die durstige Kehle.
Ein stolzer Gipfel lag hinter uns, aber die Tour war für einen Grundkurs zu lang und etwas zu anspruchsvoll, das nehme ich auf meine Kappe!
Blick auf den Weiskugel (rechts) – an dieser Stelle beginnt der Felsabbruch, der zum Langtauferer Ferner führt
Kurz unterm Weiskugelgipfel
26.07.08
Ausschlafen, gemütliches Frühstück, Abstieg zu den Rofenhöfen, Mittagessen, weiterer Abstieg nach Vent, Heimfahrt und schöner Abschluss in einem Prinzbacher Gasthaus.
Insgesamt schöne Tourenwoche mit wechselhaftem Wetter, viel Ausbildung, 2 schönen Gipfeln (Hochvernagtspitze + Fluchtkogel) und einem wunderschönen Gipfel (Weißkugel), der jedoch zum Genießen etwas zu lang für uns war…..
Wieder zurück und kurz vor Vent (oben die Rofenhöfe)
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