Sep 14 2015
Hochtourensaisonabschluss im Wallis
Bereits seit vielen Jahren biete ich zum Saisonabschluss, Anfang September, ein Hochtourenwochenende mit leichten Dreitausendern im Wallis an. Dies erfreut sich großer Beliebtheit. So habe ich doch hierfür immer eine Vielzahl an Anmeldungen. In diesem Jahr standen der Combin de Corbassiere (3715 m) und der Tournelon Blanc (3707 m) auf dem Programm. Ausgangsort hierfür ist Fionnay.
Zu siebt fuhren wir ins Wallis. Die Wettervorhersage hörte, sich bis auf eine Eintrübung am Samstagnachmittag, gut an. Bereits um 11:40 Uhr starteten wir in dem auf 1490 m hoch gelegenen Fionnay. Zuerst führte uns der Weg über eine grüne Wiese. Anschließend stiegen wir einen steilen Hang in Serpentinen hinauf um nach ca. einer Stunde bei strahlendem Sonnenschein und toller Sicht eine kleine Pause einzulegen. Der Rest des Weges führte uns an einem Bach entlang auf eine riesige Gletschermoräne. Über diese erreichten wir nach ca. 3 Stunden die Hütte.
In den dort aufgestellten Liegestühlen konnten wir uns sonnen. Nach einem reichhaltigen Abendessen gingen wir alsbald zu Bett. Für den nächsten Tag stand der Combin de Corbassiere auf dem Programm.
Als wir am nächsten Morgen gegen 03:30 Uhr einen Blick aus der Hütte warfen, waren wir wenig begeistert. Es regnete in Strömen. Entgegen der Vorhersage des Wetterdienstes und des Hüttenwirts war das Wetter extrem schlecht. Die für Nachmittag angekündigte Schlechtwetterfront war schon da.
Wir entschlossen uns zu warten. Eine Stunde später hörte der Niederschlag auf. Allerdings war es sehr neblig. Nach zwei Stunden Fußmarsch auf dem Gletscher und wieder einsetzendem Niederschlag (diesmal in Form von Schnee) entschlossen wir uns umzukehren. Den Rest des Tages verbrachten wir bei schlechtem Wetter auf der Hütte.
Aber bereits beim Abendessen stieg der Barometer in kurzer Zeit stark an. Somit war klar, dass uns am nächsten Tag schönes Wetter erwartete.
Um 04:35 Uhr liefen wir dann los. Der Weg führte anfänglich über eine Moräne. Ein steiler, schuttiger Abstieg auf den Gletscher folgte. Hier seilten wir an und gingen auf diesem leicht und zum Glück spaltenfrei in Richtung Grand Combin. Die Abmarschzeit war so gewählt, dass wir die steile Rampe hinauf zum Col du Tournelon Blanc bei einsetzendem Tageslicht erreichen würden. Hier kam dann auch, wie erwartet, die Hauptschwierigkeit der Tour. Die Stelle, an der sich der steile Gletscher des Col du Tournelon Blanc mit dem flachen Glacier de Corbassiere vereinigt, war durch gewaltige Eisverwerfungen schwer zu passieren. Durch einen riesigen Eisbruch mussten wir uns einen Weg suchen.
Eine Spur war nicht vorhanden. So waren wir hier auf eine Mischung aus Karte, Bergerfahrung und Intuition, was die Suche nach einem Durchgang durch das Eislabyrinth betraf, gestellt. Anschließend ging es eine Rampe hinauf. Immer wieder versperrten riesige Querspalten den Weg.
Auch hier hatten wir keine Spur (scheinbar wird der Gipfel auf Grund seiner abgelegenen Lage nicht sehr häufig bestiegen). Teilweise im Slalom, teilweise über Eisbrücken kamen wir voran. Nach 3,5 Stunden hatten wir den Col erreicht.
Eine längere Rast war leider nicht möglich, da hier der Wind unangenehm wehte.
Über einen jetzt wesentlich flacheren Hang stiegen wir hinauf zum ca. 3630 m hoch gelegenen Vorgipfel. Von hier konnten wir endlich unser Ziel aus der Nähe sehen. Fast 100 m Gegensteigung, welche nach über vier Stunden Anstieg bei kaum einem Teilnehmer mehr Freudensprünge auslöste, lagen jetzt direkt vor uns. Im Angesicht des nahen Ziels war aber auch dieser Gegenanstieg kein unüberwindbares Problem mehr.
Ein unangenehmer Geröllhang führte uns bei bestem Wetter auf den, zum Glück, leichten Gipfelgrat. Nach weiteren 20 min standen wir bei strahlendem Sonnenschein und einer herrlichen Sicht auf dem Gipfel. Montblanc, Grand Combin und Matterhorn waren zum Greifen nahe.
Der Abstieg stand jetzt bevor. Immer wärmer werdende Temperaturen machen Schneebrücken über Gletscherspalten natürlich nicht stabiler. So war klar, dass wir nicht zu lange auf dem Gipfel verweilen konnten. Im Col du Tournelon Blanc waren wir bereits nach weniger als einer Stunde. Hier begann nun die Hauptschwierigkeit des Abstiegs – die steile Rampe hinunter auf den Glacier de Corbassiere.
Die dünne Neuschneeauflage war auf Grund der hohen Temperaturen bereits erheblich abgeschmolzen. Das blanke Eis trat an dem Steilhang an verschiedenen Stellen zu Tage. Vorsichtig stiegen wir in unserer Aufstiegsspur ab.
Ein Ausrutscher kann an einem solch steilen Hang fatale Folgen haben. Hochkonzentriert kamen wir an den Eisbruch. Dieses Mal war der Weg hindurch einfach zu finden; hatten wir doch unsere Aufstiegsspur.
Bald war der flache Gletscher erreicht. Erweiterte Seilabstände wurden hergestellt. Dann liefen wir am rechten Rand des Gletschers hintereinander zu der Hüttenmoräne. Wieder stiegen wir über Schutt, dieses Mal hinauf. Nach einer fast zehnstündigen Tour kehrten wir auf die Hütte zurück. Eine Suppe nahmen wir hier zur Stärkung ein. 1200 Höhenmeter Abstieg zum Auto lagen noch vor uns. Auch dieser Abstieg nahm irgendwann einmal ein Ende.
Nach einem ausgiebigen Fußbad in einem Brunnen am Parkplatz fuhren wir wieder zurück nach Lahr.
Hatten wir am Samstag noch schlechtes Wetter, so wurden wir hierfür am Sonntag über alle Maßen entschädigt. In einer sowieso schon einsamen Gegend waren wir an diesem Tag die einzige Seilschaft, die auf dem Tournelon Blanc stand. Schöner hätte eine Hochtourensaison nicht ausklingen können. Auch im nächsten Jahr werde ich wieder einen Saisonabschluss im Wallis anbieten. Hoffentlich wird auch dieser so gelungen wie der Tournelon Blanc.
Keine Kommentare